SELTSAME ODYSSEE
WANN, WANN, WANN
Du musst nur noch deine Füße aufwärmen
Ich muss nur noch meine Seele lackieren
Wir müssen nur noch schnell für jemanden schwärmen
den wir morgen wieder ignorieren
Nur noch schnell den Müll raustragen
Die Ecken gründlich fegen und dann
unseren aufgeräumten Zustand ertragen
aber wann, aber wann fangen wir endlich an?
Nur noch schnell die Teller abspülen
und den Wind aus den Segeln nehmen
Nur noch ein klein wenig Zuneigung fühlen
bevor wir uns wieder für einander schämen
Nur noch schnell die Aura polieren
Die Nase gründlich pudern und dann
erst den Nacken, dann das Ego massieren
aber wann, aber wann fangen wir endlich an?
Wann fangen wir an endlich aufzuhören
alles was wir schaffen wieder zu zerstören?
Warum schmücken wir uns mit diesen potthässlichen Farben?
Wann fangen wir an endlich zuzuhören
anstatt alles unter diesen dicken Teppich zu kehren?
Wann fangen wir an was wir so kühn entworfen haben?
Nur noch schnell die Tat verurteilen
Die Betroffenheit von gestern kopieren
Auf keinen Fall das Publikum langweilen
noch schnell den Honig um die Münder schmieren
Nur noch schnell die Steuer erklären
Nur noch Bescheid sagen und dann
die übervollen Herzen ausleeren
aber wann, aber wann fangen wir endlich an?
Wann fangen wir an endlich aufzuhören
alles was wir schaffen wieder zu zerstören?
Warum schmücken wir uns mit diesen potthässlichen Farben?
Wann fangen wir an endlich zuzuhören
anstatt alles unter diesen dicken Teppich zu kehren?
Wann fangen wir an was wir so kühn entworfen haben?
DIE TAUBEN
Wenn die Menschen hier versuchen fröhlich zu sein
klingt das immer so als zögen sie in den Krieg
Nach der vierten Maß Bier wird alles Große ganz klein
und jede Niederlage wird zum Sieg
Der kollektive Rausch ist der Saufdeppen Religion
und Religion macht selten wirklich schlau
Das Mysterium find' ich nicht auf dem Boden eines Krugs
sondern wenn ich in den Himmel schau
Die Tauben fliegen nur den ganzen Tag im Kreis
links rum, rechts rum, nirgendwo hin
und keiner von uns weiß
warum
sie das tun
nur zum Spaß
oder weil sie kein Zuhause haben
Es gibt Leute die bezahlen fünfhundert Euro für ein Kabel
das vom Verstärker zum Lautsprecher führt
Manche Menschen haben Piercings in der Brust und im Bauchnabel
und wurden nie von jemandem berührt
Ich für meinen Teil leb' für den Duft von frischen Erdbeeren
und den Anblick einer schönen Frau
Vielleicht wäre da noch mehr wenn ich von irgendwas bekehrt wär
doch ich muss nur in den Himmel schauen
Die Tauben fliegen nur den ganzen Tag im Kreis
links rum, rechts rum, nirgendwo hin
und keiner von uns weiß
warum
sie das tun
nur zum Spaß
oder weil sie kein Zuhause haben
MANN OHNE GESICHT
Ich leihe mir ein Lächeln von Da Vinci
und borge mir die Kurven der Monroe
Die wahnsinnigen Augen von Klaus Kinski
steck ich in den Kopf von Edgar Allen Poe
Mit dem aufreizenden Gang einer Diva
stell ich mich den Fotografen vor dem Haus
– wie seh ich aus?
Ich bade für dich nackt im Trevi-Brunnen
Ich stürz mich von der San-Francisco-Bridge
Ich stöckel auf High Heels durch die Slums von Rio
und behäng mich wie ein Weihnachtsbaum mit Kitsch
Ich leg mich in ne Wanne voller Maden
und warte ungeduldig auf Applaus
– wie seh ich aus?
Wie seh ich aus mit deinem Augen?
Wie seh ich aus mit deinem Haar?
Sieht so aus als wär ab heute
jeder Schwindel war
Es gibt keine Grenze mehr
zwischen Schatten und Licht
doch das stört mich nicht
Seh ich nicht gut aus als Mann ohne Gesicht?
Ich reite einen rosa Elefanten
durch das Jammertal des Hasses und des Neids
Ich schnitz mir einen Gott und bete ihn an
und opfer ihm die Reste meines Selbstmitleids
Ich singe ein Lied im Kopf von Mozart
Ich tauche in die Farbe von Monet
Ich zupfe ein Haar aus des Propheten Bart
und pinkel mit Frank Zappa in den Schnee
Ich lass mir Feuer geben von Belmondo
und blas den Rauch zum offenen Fenster raus
– wie seh ich aus?
Ich stehe auf den Schultern von Giganten
und wisch die matten Sterne blank
Das ist das Ende der Welt wie wir sie kannten
komm wir holen uns ne neue aus dem Schrank
Mit dem Größenwahn einens kleinen Kindes
trete ich in die Sonne hinaus
– wie seh ich aus?
Wie seh ich aus mit deinem Augen?
Wie seh ich aus mit deinem Haar?
Sieht so aus als wär ab heute
jeder Schwindel war
Es gibt keine Grenze mehr
zwischen Schatten und Licht
doch das stört mich nicht
Seh ich nicht gut aus als Mann ohne Gesicht?
ENTSCHEIDUNG
Wie lange willst du noch durchs Fenster schauen
bevor du vor die Tür gehst?
Wieviele Kleider willst du anprobieren
bis du dir gefällst?
Wieviele Bücher musst du lesen
bis du weißt dass die Fragen zuviele sind?
Wie oft muss ich mich anpreisen
bis du weißt was du von mir hältst?
Vielleicht ist es eine Frage des Stils
Vielleicht ist es eine Frage der Kleidung
Liebe ist nicht nur ein Gefühl
Liebe ist auch eine Entscheidung
Wie oft muss ich noch hier sitzen
und diesen blöden Fleck and der Wand anstarren?
Wieviele Träume müssen sterben
bis ich weiß was mich quält?
Wieviele Falten wollen wir zählen
bis wir wissen dass auch wir nicht jünger werden?
Auf was willst Du noch verzichten
bis du weißt was dir fehlt?
Die Antwort weiß bestimmt nicht der Wind
und sie steht auch nicht in der Zeitung
Liebe ist nicht nur ein Gefühl
Liebe ist auch eine Entscheidung
Wenn dir meine Äpfel nicht schmecken
dann schüttel nicht meinen Baum
Wenn dir mein Lachen nicht gefällt
dann spiel hier nicht den Clown
Hör wenn du meinst auf dein Herz
falls du's findest unter deiner Verkleidung
Liebe ist nicht nur ein Gefühl
Liebe ist nicht nur ein Gefühl
Liebe ist nicht nur ein Gefühl
Liebe ist auch eine Entscheidung
VERBIND' MIR DIE AUGEN
Die Welt bleibt in Bewegung
ohne Unterlass
Menschen stehen im Regen
Menschen werden nass
Arbeit wird erledigt
Herzen werden kalt
Neuer Lack wird schnell beschädigt
Jugend wird schnell alt
Verbind mir die Augen
setz mich ins Auto
und fahr mit mir irgendwohin
In einem Hotel ohne Namen
gehen wir ins Bett
und keiner weiß wer du bist
oder wer ich bin
Der Mensch macht seine Pläne
Gott schaut zu und lacht
Im Hafen rosten die Kähne
Die Kneipe schließt um acht
Züge fahren nach Norden
und kommen im Süden an
Lass uns einen Kaffee machen
noch ne Kleinigkeit essen und dann
Verbind mir die Augen
setz mich ins Auto
und fahr mit mir irgendwohin
In einem Hotel ohne Namen
gehen wir ins Bett
und keiner weiß wer du bist
oder wer ich bin
Der Mensch ist nicht so wichtig
wofür immer er sich auch hält
Von all seinem Geschwätz klingeln den Engeln die Ohren
doch seine Tage sind gezählt
Vögel fallen vom Himmel, die Fische
ertrinken im Ozean
Die Zeit frisst sich selber und rülpst noch und dann
fängt alles von vorne an
ALL DIESE EINSAMEN LEUTE
Sie laufen durch die Straßen und sie warten auf den Bus
Sie ziehen sich so an wie man sich eben anziehen muss
Sie stehen unter Hypnose, ihre Augen
sind teilnahmslos und leer
Sie fahren mit dem Auto und sie fahren mit der Bahn
Schau wie sie schwer beladen dem Vergessen entegegenfahren
Das Rauschen all der Züge und der Straßen
klingt für sie so wie das Meer
All diese einsamen Leute – wo kommen die alle her?
Überall sind Leute, sogar neben mir wohnt einer
Ich kenn nicht seinen Namen, also nenn ich ihn mal Rainer
Er hat nicht viel zu tun, er spielt den lieben langen Tag nur Solitaire
Er hat ne Schwester in Saarbrücken die studiert Konfliktvermeidung
darum trägt sie jeden Tag eine andere Verkleidung
Sie macht's jedem immer recht aber niemand
schaut ihr jemals hinterher
All diese einsamen Leute – wo kommen die alle her?
Über mir wohnt einer, der wirkt ziemlich androgyn
Ich kenne nicht seinen Namen, ich kenne nur sein Pseudonym
Jeden Morgen fleht er mich an ich soll ihn mögen
doch am Abend kennt er mich nicht mehr
Neulich saß ich mit fünf anderen bei Gott im Wartesaal
Alle beamten sich durch Zeit und Raum, so als hätten sie die Wahl
zwischen tausenden Optionen, doch die verdampfen
wie Wasser auf heißem Teer
All diese einsamen Leute – wo kommen die alle her?
Da ist diese Frau die den ganzen Tag nur redet
Ihre Worte umkreisen sie wie Monde einen Planeten
Nur wenn sie redet ist sie sicher, wenn sie schweigt
wird die Welt eiskalt und leer
Und ich sitz in meinem Ausguck und mein Hunger brennt wie Feuer
Ich will mir ein Leben kaufen, aber alles ist zu teuer
Einst war ich ein reicher Mann in dieser Stadt
aber das ist lange her
All diese einsamen Leute – es werden immer mehr
All diese einsamen Leute – wo kommen die alle her?
SELTSAME ODYSSEE
Ich dachte ich könnte doch es ist nichts geworden
also geh ich nach Haus und mach 'nen neuen Plan
Der Mensch verbringt sein Leben mit Arbeit und Sorgen
und dann schmeißt er alles hin und fängt von vorne an
Oh-oh, seltsame Odyssee
Plastikpalmen am Strand so weiß wie Schnee
Heißen Dank für deine schönen Grüße
aus einem Leben das mir immer unerreichbar sein wird
Ich hab'n frisch gewaschenes Hemd und saubere Füße
und mich selten bis nie in meinen Freunden geirrt
Oh-oh, seltsame Odyssee
Blasen an den Füßen und Sand im Portmonaie
Wir fuhren tausend Kilometer bis ans Ende der Träume
hinter Bergen aus Schrott fanden wir das Meer
Da war Wind, da war Sonne und Olivenbäume
doch in mir drinnen blieb es einsam und leer
Oh-oh, seltsame Odyssee
Fata Morganas und steinharte Kekse zum Tee
Oh-oh, seltsame Odyssee
versunkene Dörfer und nagendes Heimweh
KALENDERSPRÜCHE
Manchmal ist Arbeit einfach Arbeit
und keine Selbstverwirklichung
Manches lässt sich nicht mehr grade biegen
und bleibt einfach hässlich und krumm
Nicht immer ist alles eine Frage
der inneren Einstellung
und all die weisen Kalendersprüche
klingen nur einfältig und dumm
Meine erfrischend schlechte Laune
ist wie ein kalter Stein im Darm
also wenn du mich hier findest
nimm mich einfach in den Arm
Das Leben ist das was passiert
während du mit anderem beschäftigt bist
Das Leben ist eine Reise
doch wir sitzen hier am Bahnhof fest
Und ganz sicher bin ich Opfer
meiner Negativität
Und ganz bestimmt kommen deine Kalendersprüche
ein ganzes Stück zu spät
Meine erfrischend schlechte Laune
ist nur ein billiger Fehlalarm
also wenn du mich hier findest
nimm mich einfach in den Arm
Scheitern ist eine Chance, immerhin
Und jedes Unglück bewahrt uns vor noch Schlimmeren
Manchmal ist Arbeit einfach Arbeit
Langweilig, öde und doof
Manche Pläne verstauben für ewig
im zugemüllten Hinterhof
Und ganz sicher bin ich ein Opfer
meiner eingeschränkten Sicht
Doch deine klugen Kalendersprüche
helfen hier ganz sicher nicht
Meine erfrischend schlechte Laune
hat ihren eigenen spröden Charme
Also wenn du mich hier findest
nimm mich einfach in den Arm
Meine erfrischend schlechte Laune
hält mich nicht mehr lange warm
Also wenn du mich hier findest
nimm mich einfach in den Arm
ALS GOTT NOCH EIN JUNGE WAR
Die Welt war klar, die Dinge waren scharf umrissen
Der Himmel war unsere Decke, das Moos unsere Kissen
Die Nacht war undurchdringlich, der Tag war licht und klar
alles war da, als Gott noch ein Junge war
Wir dachten nicht weiter als bis zum Horizont
Wir naschten von der Liebe und haben uns die Bäuche gesonnt
Es gab keinen Unterschied zwischen Gedanken und Tat
alles war wahr, als Gott noch ein Junge war
Natürlich gab's Fragen und wenig Antworten
doch damit kamen wir klar
Kein Höllenschlund und keine Himmelspforten
nur die unendliche Gegenwart
Unsere Erfolge und Fehler waren unsere eigenen
Wir übernahmen die Verantwortung für uns und jeden anderen
Wir waren freie Menschen die freie Kinder gebaren
wir waren bei uns selbst als Gott noch ein Junge war
Wir brauchten nicht mehr als ein Mensch tragen kann
Ging etwas zu Ende fing gleich etwas Neues an
In uns brannte die Neugier und wir stellten uns der Gefahr
wir strebten nach Weisheit, als Gott noch ein Junge war
Dann wurde alles zu groß und Gott wurde erwachsen
und alles wurde komplizert
Es gab Schriften und Lehren und Besen die gut kehren
alles was passiert wenn das Dogma regiert
So blieben uns die Zweifel, die Vorurteile und die Angst
vieles was du denken aber nie laut sagen kannst
Du darfst ruhig spekulieren ob ich in den Himmel oder zur Hölle fahr
doch ich wünschte es wäre wieder so wie als Gott noch ein Junge war
SANSIBAR
Du kannst ewig lang am Bahnhof stehen
Du kannst den lieben langen Tag den Zügen nachsehen
Du kannst seufzen während die Rücklichter verblassen
Du kannst jeden Beschluss wieder verwerfen
Du kannst jeden mit deinen Problemen nerven
und am besten kannst du dich für all das hassen
Doch du kannst es auch lassen
Schau da hinten an der Bar
hängt eine Postkarte aus Sansibar
Schon etwas vergilbt und an den Ecken ausgefranst
Trink dein Bier, trink endlich dein Bier
ansonsten sitzen wir morgen noch hier
Glücklich wer den Blues nicht nur singt sondern auch tanzt
Du kannst
Du kannst all die alten Bilder rauskramen
Du kannst dir deinen Schmerz einrahmen
Du kannst die Liebe beschwören, doch du kannst sie niemals fassen
Du kannst den Himmel absuchen nach einem Zeichen
Du kannst im dunklen Zimmer deine Haut ausbleichen
Du kannst jeden Tag den letzten Bus verpassen
Doch du kannst es auch lassen
Schau da hinten an der Bar
hängt eine Postkarte aus Sansibar
Schon etwas vergilbt und an den Ecken ausgefranst
Trink dein Bier, trink endlich dein Bier
ansonsten sitzen wir morgen noch hier
Glücklich wer den Blues nicht nur singt sondern auch tanzt
Du kannst
Da ist diese Kiste, was ist in ihr drin?
Da drin bist du und hoffst still vor dich hin
Dass irgendwer einen Entschluss für dich fasst
Dass irgendwer dir einen Tritt verpasst
Dass irgendwer dich vor dir selber rettet
Doch niemals reitet die Kavallerie
und Gott existiert nur in der Fantasie
derer die sich ungern auf sich selbst verlassen
Das musst du selbst anfassen
KERZE IM FENSTER
Ich hab viel gemacht, ich hab alles probiert
es sieht immer ganz gut aus, bis es sich relativiert
Dann schraubst du am Vergaser und der Filter ist nicht dicht
du kriegst die Karre wieder flott, aber mehr kriegst du nicht
Denn es ist einfach so, dass man niemals bekommt
was man will, bis man will was man hat
Drüben am Waldrand werden die Blätter schon gelb
Sie haben den Sommer so satt
Also wenn du bereit bis zu gehen
stell ne Kerze ins Fenster
Meine Träume sind verschwunden wie einzelne Socken
wie der Einkaufswageneuro, wie meines Sohnes Windpocken
Doch wenn es mal ganz ruhig ist, dann kann ich sie hören
wie sie auf der Strasse tuscheln und sich gegen mich verschwören
Denn es ist einfach so, dass man niemals bekommt
was man will, bis man will was man hat
Die Kinder in den Wiesen jagen Drachen in den Himmel
und die Sonne lächelt milde und matt
Also wenn du bereit bist zu gehen
stell ne Kerze ins Fenster
Die Laubsauger singen ihr dümmliches Lied
und die Kreissägen kreischen hysterisch
Wir kauen unser Brot und verdauen die Tage
und die Krümel verkrümeln den Esstisch
Es gibt nichts zu reden, es ist alles gesagt
Nur ein einsamer Spatz hat zu piepen gewagt
Gib ihm die Krümel vom Frühstück und mir den Rest vom Vertrauen
das uns die Kraft gibt immer wieder nach vorne zu schauen
Es ist einfach so, dass man immer nur sieht,
was der Glaube frei interpretiert
Wir haben viel gesehen und mehr noch geglaubt
und, wie gesagt, ich hab alles probiert
Also wenn du bereit bist zu gehen
stell ne Kerze ins Fenster